Wie funktioniert eine Starship Factory?
Per E-Mail erreichte uns ein Katalog von Fragen zur Starship Factory, die auch für Leser dieses Blogs sehr interessant sein könnten. Daher veröffentlichen wir hier unsere Antwort:
Welche Infrastruktur wird angeboten und wie wurde diese finanziert?
Unter Equipment in unserem Wiki findet sich eine Liste von einigem Equipment aus unserem Space. Wir haben leider immer noch ein Publikationsdefizit diesbezüglich. Das meiste Equipment ist in Privatbesitz von Mitgliedern, welche es anderen zur Verfügung stellen, aber auch der Verein besitzt ein paar Geräte (z.B. die 3D-Drucker, die Lötstationen oder die Besucherlaptops).
Wie organisiert sich der operative Betrieb der Starship Factory?
Wir bezahlen unsere Miete und haben zwei Mitglieder, welche freiwillig dafür sorgen (per Anwesenheit oder Delegation), dass zu unseren offiziellen Öffnungszeiten am Dienstag und Freitag immer jemand da ist. Zudem haben einige Mitglieder einen Schlüssel und somit ständigen Zugriff. Es wird bald auch auf der Webseite erkennbar gemacht werden, wann der Raum auch ausserhalb der Öffnungszeiten offen ist.
Die wichtigeren Entscheidungen des Spaces, welche nicht im Rahmen einer Do-o-kratie (wer macht hat Recht) zu regeln sind, weil z.B. die Vereinsfinanzen betroffen sind, werden im monatlichen Plenum getroffen. Dort tauchen die Mitglieder auf, welche sich für die anstehenden Themen interessieren. Das sind oft sehr wenige, aber die Institution des Plenums ist sehr hilfreich, da die Mitglieder, selbst wenn sie nicht zum Plenum auftauchen, es leichter haben, die dort getroffenen Entscheidungen zu tragen – denn sie hätten sie ja beeinflussen können.
Wie finanziert sich die Starship Factory (laufende Einnahmen und Ausgaben)?
Wie man dem Finanzplan für 2015 entnehmen kann, finanzieren wir uns zu ca. 90% von Mitgliederbeiträgen und 10% Workshops und sonstige Einnahmen. Unsere laufenden Ausgaben sind unter dem Stichpunkt Finanzplanung gelistet.
Geräte sind, wie bereits erwähnt, grösstenteils von Mitgliedern finanziert. Das ist der einzige Weg, die durchaus steilen Anschubfinanzierungen zu leisten, welche notwendig sind, damit es überhaupt erst einmal möglich ist, komplexere, disziplinübergreifende Projekte im Space durchzuführen (z.B. Platinen designen, ätzen und bestücken, dann ein Gehäuse aus Holz oder Plastik bauen und/oder in Kleidung einnähen). Dabei ist es extrem wichtig, sinnvolle Einkaufswege zu finden – oft lässt sich durch cleveres Einkaufen bis zu 95% des Kaufpreises sparen und somit eine Art Lager etablieren.
Welche Themenschwerpunkte sind wichtig für die Starship Factory und wieso wird auf diese Themen fokussiert?
Wir orientieren uns dabei sehr viel an den Hackerspace Design Patterns sowie Empfehlungen aus dem Bereich des Geekfeminismus.
Unser wichtigster Themenschwerpunkt ist Community Building. Wir sind überzeugt, dass es sehr wichtig (und leider auch sehr schwierig) ist, eine Community so zu bauen, dass sie wirklich für jeden offen ist und sich jeder darin willkommen und wohl fühlen kann. Wir glauben aber auch, dass eine solche Community der einzige Weg zum langfristigen Erfolg eines Spaces ist. Dabei ist es wichtig, hinreichend strikte Verhaltensregeln mit viel Augenmass aufzustellen und auch durchzusetzen und eben nicht zu dulden, wenn jemand einen Spruch fallen lässt, der dafür sorgt, dass sich andere Mitglieder nicht mehr willkommen fühlen. Das benötigt auch eine entsprechende Schulung der Mitglieder; da sind wir aber noch dran. Es gibt aber viele Schulungsunterlagen aus dem Bereich Feminismus und Stereotype Bias und ähnlichen Arbeitsgebieten.
Zudem ist es wichtig, sich nicht nur auf den produktiven Aspekt des Spaces zu konzentrieren, sondern auch auf die ästhetischen Gesichtspunkte und die Möglichkeiten zur Entspannung. Ein Hackerspace ist mehr als nur eine Produktionsumgebung: es ist ein Lebensraum, welcher einladend und gemütlich wirken sollte, da das die Umgebung ist, in welcher Ideen entstehen. Wir haben dazu eine Entspannungsecke mit Sitzkissen und arbeiten an ansprechender, intelligenter Beleuchtung.
Der zweitwichtigste Themenschwerpunkt ist unseres Erachtens nach die Verfügbarkeit von Informationen. Es ist auf jeder Ebene wichtig, einen «gläsernen Hackerspace» zu haben. Für Menschen, die noch nie da waren, muss nachvollziehbar sein:
- Wo befindet sich der Space überhaupt und was passiert da? Was sind die Kriterien, die ich erfüllen muss, um willkommen zu sein?
- Ist der Space gerade offen? Wann wird er als nächstes offen sein?
- Wie funktioniert die Community im Space? Wie soll ich mich verhalten?
- Welche Geräte darf ich benutzen? Wofür brauche ich eine Einweisung? Woher bekomme ich die?
- Was mache ich denn jetzt mit diesem Gerät?
- Was kostet es, wenn ich X mache? Wie kommt der Preis zustande?
- Wie kam es dazu, dass der Space so ist wie er gerade ist? Wie kann ich mich einbringen? Was passiert mit meinem Geld?
Alles im Space muss transparent und nachvollziehbar sein, sofern es nicht in die Privatsphäre von Mitgliedern eingreift. Das ist die einzige Grenze welche akzeptiert werden sollte; alles andere ist Unsinn. Veröffentlichte Finanzen beispielsweise bringen einen kleinen potentiellen Nachteil bei der Raumsuche, aber einen grossen Vorteil bei den Mitgliedern und Anwärtern, die sich sicher fühlen, dass ihr Geld gut angelegt ist und dass sie sich einbringen können wenn sie wollen. Ausserdem ist es wichtig, dass es jedem so einfach wie möglich gemacht wird, in die Starship Factory zu laufen und irgendetwas zu machen. Dazu sind Label und QR-Codes sehr hilfreich, aber die damit verbundene Dokumentation muss natürlich auch vollständig, korrekt und aktuell sein.
Wenn man die beiden Punkte beachtet, erhält man einen tollen Hackerspace mit einer enthusiastischen Community. Daraus entstehen dann meistens ganz von selbst Projekte, es kommen Geräte und der Space funktioniert. Das ist auch der Grund, warum die Antwort auf diese Frage nicht in das typische Schema zu «Was macht ihr so für Projekte?» fällt; die Aufgabe eines Hackerspaces ist es nicht, Projektideen zur Verfügung zu stellen, sondern Material, Equipment und Informationen zu bieten um den Besuchern zu ermöglichen, ihre Gedanken in die Tat umzusetzen.